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Wie digital ist Deutschland und wo besteht Optimierungsbedarf? – Eine Bestandsaufnahme

Ob beim Autofahren, Zuhause oder der Universität: Die Digitalisierung verändert immer mehr Bereiche des Lebens. Vor allem die Arbeitswelt, die tägliche Kommunikation, die öffentliche Verwaltung, das Gesundheitswesen und die Industrie stehen vor weiteren bahnbrechenden Veränderungen. Doch wo steht der Wirtschaftsstandort Deutschland bei der digitalen Transformation? Was läuft gut? Und was gibt es noch zu tun? Eine Bestandaufnahme.

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Deutschland hat beim digitalen Wandel Nachholbedarf

Die Digitalwirtschaft hat laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey einen Anteil von 5,4 Prozent an der gesamten deutschen Wirtschaft und liegt damit über dem EU-Durchschnitt von 5,0 Prozent. Doch das ist noch lange kein Grund zur Freude, denn im weltweiten Vergleich liegt Deutschland nicht in der Spitzengruppe. Glaubt man einem Bericht des Weltwirtschaftsforums, lag Deutschland im Jahr 2016 nur auf Platz 15 hinsichtlich der wirtschaftlichen Ausschöpfung digitaler Innovationen. An der Spitze steht Singapur, vor Finnland, Schweden, Norwegen und den USA. So nutzt Singapur bereits heute ein intelligentes Verkehrsleitsystem, dass die Häufigkeit von Staus reduziert und die Parkplatznot lindert. Zudem hat das Land mit 148,4 Prozent die höchste Mobilfunk-Nutzungsdichte der Welt. „In Deutschland hingegen“, so die Bertelsmann-Stiftung, „wird so manche digitale Neuerung bereits durch schlechten W-Lan-Empfang und bürokratische Hürden gestoppt.“ Daher hat die Stiftung einen Forderungskatalog entlang vier zentraler Handlungsfelder entwickelt, der auflistet, wie die Digitalisierung auch in Deutschland erfolgreich gelingen kann:

„1. Digitaler Rechts- und Organisationsrahmen: Akteure und Rechtsinstrumente müssen vernetzt und koordiniert werden, um die Digitalisierung passend zu begleiten.
2. Digitale Infrastruktur: Wenn die Menschen von digitalen Technologien profitieren sollen, braucht es eine flächendeckende moderne Infrastruktur.
3.  Sichere Informations- und Kommunikationstechnik: Nur wenn digitale Anwendungen sicher sind, werden die Bürger sie dauerhaft akzeptieren und ihnen vertrauen.
4. Digitale Kompetenz: Um digitale Technologien schnell, unkompliziert und professionell nutzen zu können, sollte man wissen, wie. Digitale (Medien-)Kompetenz muss von klein auf und ein Leben lang gelernt werden.“

Der digitale Wandel muss demnach gesamtgesellschaftlich vorangebracht werden. Damit der Wandel tatsächlich gelingt, sollen sich Bund, Länder und Kommunen noch stärker vernetzen und gemeinsam eine einheitliche Gesamtstrategie verfolgen. Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung: „Es bedarf dringend einer Gesamtstrategie, um die digitale Transformation zu gestalten – so wie es beispielsweise in Estland, Schweden oder Österreich erkennbar ist.“ In Estland beispielsweise gibt es heute bereits ein flächendeckendes freies WLAN, e-Learning ist fester Bestandteil des Schulunterrichts und auch Behördengänge können online erledigt werden. In  Österreich setzt man konsequent auf Open Government: Städtekooperationen, Bereitstellen von Onlinediensten und die Einbindung der Bevölkerung in digitale Veränderungsprozesse. Und auch das Königreich Schweden gilt als Vorbild, schließlich ist hier eine nationale digitale Gesamtstrategie schon heute Realität.

Industrie 4.0 – Wie gut sind Deutschlands Unternehmen darauf eingestellt?

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Eine griffige Definition des Begriffes Industrie 4.0 liefert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): „Wenn Bauteile eigenständig mit der Produktionsanlage kommunizieren und bei Bedarf selbst eine Reparatur veranlassen oder Material nachbestellen – wenn sich Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen, dann sprechen wir von Industrie 4.0. Nach Dampfmaschine, Fließband und Computer stehen wir nun mit intelligenten Fabriken vor der vierten industriellen Revolution.“ Das BMWi sieht sich bei diesem Prozess dafür verantwortlich, der Wirtschaft dabei zu helfen, die Potentiale dieser vierten industriellen Revolution soweit es geht auszuschöpfen. Vor allem der Mittelstand wird bei der Implementierung digitaler Lösungen unterstützt. So fördert das BMWi regionale „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren“ und das Kompetenzzentrum „Digitales Handwerk“, wo mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe für Industrie 4.0-Anwendungen sensibilisiert und geschult werden. In sogenannten Demonstrations- und Lernfabriken haben die Unternehmen die Möglichkeit zu experimentieren, technische Innovationen und Schnittstellen zu testen, bevor sie Investitionen tätigen. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich von einer der Mittelstand 4.0-Agenturen zu Querschnittsthemen der Digitalisierung, z.B. Cloud-Computing, beraten zu lassen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Mittelstand in vielen Fällen besser aufgestellt ist, als die großen Konzerne, die deutlich langsamer auf die rasanten Entwicklungen reagieren. Laut einer aktuellen Studie der Managementberatung Horváth & Partners, der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und der Deutschen Messe AG haben Mittelständler hinsichtlich der Fokussierung auf smarte Technologien einen höheren Reifegrad (56,65) als Kleinunternehmen (39,38) und große Konzerne (49,05). Knapp 37 Prozent der 106 befragten mittelständischen Unternehmen bietet heute schon marktfähige Technologien für diesen Bereich an. Doch längst ist nicht alles Gold, was glänzt. So sehen laut der Studie über die Hälfte der Mittelständler vor allem Handlungsbedarf in der Produktion, Fertigung und Konstruktion. 44 Prozent der mittelständischen Firmen sehen ihre IT¬-Infrastruktur noch nicht Erfordernissen gewachsen, bei den Großunternehmen sind es gar 50 Prozent.

Wer managt die digitale Transformation?

DXC Technology hat im Juli 2017 die Studie „Digitale Agenda 2020“ in Auftrag gegeben. Dafür wurden 300 Führungskräfte befragt, die sich in ihrem Unternehmen Entscheidungsbefugnis bei der digitalen Transformation haben. Im Fokus der Studie stehen die Branchen Bauwesen, Finanzdienstleistung, Gesundheits- und Sozialwesen, Groß- und Einzelhandel, Industrie, Telekommunikation, IT, Transport und Verkehr. Das Ergebnis: „In 48 Prozent der Firmen nimmt die Geschäftsführung die digitale Transformation in die Hand. 53 Prozent sehen die IT-Verantwortlichen in führender Rolle und gut jeder dritte Manager nennt Expertengruppen, besetzt mit Vertretern aller Disziplinen als treibendes Gremium. Nur 27 Prozent der Befragten berichten, dass eine eigens eingesetzte Führungskraft – wie etwa der Chief Digital Officer – die Strategie für den digitalen Wandel entscheidend voranbringt.“

Die Start-ups

In Deutschland, wie in ganz Europa, besteht im Vergleich zur Gründerszene in den USA weiter Nachholbedarf. Auch wenn sich Europa erfolgreiche Startups etabliert haben, klafft eine Lücke zwischen Berlin, London, Paris und Stockholm und dem Silicon Valley beziehungsweise New York City. Nur wenige europäische Start-ups gelten als sogenannte Unicorns mit einer Bewertung über einer Milliarden US-Dollar. Doch insgesamt verläuft die Entwicklung der deutschen Start-up-Szene in die richtige Richtung. So haben deutsche Firmengründer im ersten Halbjahr 2017 mehr Geld von Investoren eingesammelt als jemals zuvor. 2,16 Milliarden Euro flossen in die hiesigen Start-ups, im ersten Halbjahr 2016 waren es nur 972 Millionen Euro. Damit wurde der bisherige Rekord von zwei Milliarden Euro aus dem Jahr 2015 gebrochen. Die größten Summen wurden in FinTechs und den Internethandel investiert. Als die wichtigsten Standorte für Start-ups haben sich Berlin, München und Hamburg etabliert, wobei die Hauptstadt die Führungsposition einnimmt.

Der Glasfaserausbau

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Auch bei der digitalen Infrastruktur besteht in Deutschland weiter Nachholbedarf. Verschiedene Studien kommen mehr oder weniger immer zum selben Ergebnis: Deutschland hinkt in der durchschnittlichen Geschwindigkeit und im Glasfaserausbau im internationalen Vergleich weit hinterher. Die meisten Experten gehen davon aus, dass 50-Megabit-Ziel der alten Bundesregierung bis 2018 nicht erreicht wird. Eigentlich sollte bis 2018 jeder Haushalt mit einer Datenübertragung von 50 Megabit pro Sekunde ausgestattet werden. Die neue Bundesregierung wird sicher bald ein neues Ziel formulieren und neue Förderprogramme beschließen. Im vorherigen Förderprogramm wurden laut Angaben des zuständigen Verkehrsministerium 95 Prozent der bewilligten 2,3 Milliarden Euro in den Glasfaserausbau investiert, doch immer noch sind Glasfaseranschlüsse nicht sehr weit verbreitet. Daher fordern Branchenverbände schon eine neue Gigabit-Strategie bis 2025, um den flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze zu beschleunigen. Doch Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser, denn es gibt unterschiedliche Anschlussarten, deren Vor- und Nachteile sich vielen Bundesbürgern bis heute nicht erschließen. Daher ist es wichtig bei der nächsten Gigabit-Strategie noch stärker als bisher die Bevölkerung aufzuklären und einzubeziehen.

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